Der Behinderung einen Sinn verleihen

Book description

Wie werden behinderte Figuren in der antiken Mythologie dargestellt? Diese Arbeit beleuchtet sechs prominente Figuren mit Behinderungen (Thersites, Teiresias, Oidipus, Hephaistos, Philoktetes und Plutos) und untersucht, wie verschiedene Autoren diverser Genres der antiken Literatur diese Figuren gestalten und welche Rolle dabei ihre Lahmheit bzw. Blindheit spielt. Es wird gezeigt, dass sich die Behandlung von behinderten Figuren keineswegs in ihrer Exklusion erschöpft, sondern Behinderungen ein Teil des ausgefeilten Instrumentariums antiker Erzählkunst sind. Gleichzeitig zeigt sich, wie wandelbar Mythen in den Händen ihrer Erzähler sind, die das narrative Material ihren Absichten anpassen. So erreicht beispielsweise Oidipus keineswegs notwendig durch seine Selbstblendung den Status eines Sehers, sondern zeigt dadurch bei Sophokles, dass er seine eigene Verantwortung nicht anerkennt; der hinkende Schmiedegott Hephaistos ist keineswegs immer nur ein Außenseiter, sondern bei Homer sogar der Sympathieträger auf dem Olymp. Die Einbeziehung spätantiker Philosophen und Allegoriker im Bereich des Hephaistos schließt eine Forschungslücke. Auf diese Weise korrigiert die Arbeit schematisierende Deutungen und legt Rezeptionsphänomene offen.

Table of contents

  1. Vorwort
  2. 1 Einleitung
  3. 2 Behinderung und Antike
    1. 2.1 Behinderung – begriffliche Dimensionen
    2. 2.2 Konzepte von Behinderung bis in die Antike
    3. 2.3 Behinderung und Literatur
  4. 3 Antike Mythen und ihre Bedeutung
    1. 3.1 μῦθος – eine kurze Begriffsgeschichte
    2. 3.2 Mythenauslegung zwischen Verstehen und Verdrehen
  5. 4 Thersites
    1. 4.1 Der Prototyp eines Behinderten in der Antike?
    2. 4.2 Wie ein Dichter einen Mythos bestimmt
  6. 5 Teiresias
    1. 5.1 Der Prototyp eines Blinden in der Antike?
      1. a) Die bekannte Mythenfigur des verlässlichen Sehers bei Homer
      2. b) Die Phoinissen des Euripides: Die Kollokation von Blindheit und Alter
      3. c) Die Bakchen des Euripides: Die ekstatische Natur der Mantik
      4. d) Die Antigone des Sophokles: Die vermeintliche Bestechlichkeit der Wahrsager
      5. e) Der Oidipus Tyrannos des Sophokles: Der vermeintliche Prototyp des Sehers
    2. 5.2 Aitiologien der Blindheit
      1. a) Die Blindheit als Folge eines spaßigen Streits unter Göttern?
      2. b) Die Blendung des gottesfürchtigen Teiresias als ernsthafter Mythos?
      3. c) Ein vielschichtiger Mythos über den sexuellen Unterschied von Mann und Frau?
      4. d) Eine spätantike Allegorese des Blendungsmythos um Teiresias
      5. e) Die Blendung als Strafe der Athene: Mehr als eine mythologische Alternative?
  7. 6 Oidipus
    1. 6.1 Die Lahmheit des „Schwellfuß“
    2. 6.2 Oidipus’ Blendung in der Tragödie
      1. 6.2.1 Oidipus bei Sophokles
      2. 6.2.2 Oidipus bei Euripides und Seneca
  8. 7 Hephaistos
    1. 7.1 Anthropomorphes Erzählen
      1. 7.1.1 Hephaistos’ Stürze vom Olymp
      2. 7.1.2 Der Ehebruch der Aphrodite
    2. 7.2 Theologisches Erzählen
      1. 7.2.1 Stoische Allegorese
      2. 7.2.2 Neuplatonische Allegorese
  9. 8 Philoktetes
    1. 8.1 An der Schwelle zur Behinderung
    2. 8.2 Die Lahmheit als Charaktertest
  10. 9 Plutos
    1. 9.1 An der Schwelle zur göttlichen Ebene
    2. 9.2 Eine literarische Personifikation
  11. 10 Fazit
    1. 10.1 Der Zusammenhang von Mythos und Wirklichkeit
    2. 10.2 Der Zusammenhang von Körper und Charakter
  12. 11 Bibliographie
    1. 11.1 Textausgaben, Kommentare, Übersetzungen
    2. 11.2 Wissenschaftliche Hilfsmittel
    3. 11.3 Sekundärliteratur
  13. Index nominum
  14. Index locorum

Product information

  • Title: Der Behinderung einen Sinn verleihen
  • Author(s): Florian Schumann
  • Release date: October 2024
  • Publisher(s): De Gruyter
  • ISBN: 9783111384276